13 Jul Venedig mit Hund
„Venedig mit Hund???“, Frau Schulz von der Hundewiese schaut mich entgeistert an, „Venedig mit Hund!!!“ Ihre Stimme schrillt über die Grünfläche am Rhein, die das Zentrum des Paralleluniversums für Hundehalter darstellt. Da leben wir sieben Jahre in einer Straße, einer Stadt, einer Gemeinde still und unsichtbar vor uns hin, keiner kennt uns, niemand interessiert sich für das, was wir so tun oder auch nicht. Dann schafft man sich eine Sabberschnauze an und – zack – befindet man sich in der Hunde-Synchron-Welt, die sich die ganze Zeit direkt vor der eigenen Haustür befand, die man aber nie wahrgenommen hat.
Zurück zu Frau Schulz: „Sinatra, Sinatra, komm Sinatra, Frauchen muss zum Salsa-Kurs … und tschüss, TSCHÜÜSSS, Frauchen geht jetzt“. Ja, die Befehle von Frau Schulz sind kurz, prägnant und beeindrucken meinen Hund ungemein. Bertha liebt den hohen Singsang von Schulzchen und beäugt das Schauspiel immer wieder gerne mit aufmerksam schief gelegtem Kopf.
„Venedig mit Hund. Nee, nee, nee, das würde ich mir überlegen. Da gibt es ja überhaupt keine Hunde. Und nehmen sie ja Tütchen mit. Da gibt es ja weit und breit keine Bäume. Also Venedig mit Hund … SINATRA, LASS DEN RADFAHRER ,,,“ Soweit unsere Venedig-Expertin Frau Schulz.
Wir waren mit Bertha in Venedig. Und wenn eines fester steht, als die venezianischen Paläste, dann die Tatsache, dass in der Lagunenstadt Vierbeiner-Alarm herrscht. Es wimmelt links, rechts, vorne, hinten und sogar auf den Kanälen vor Hunden. Und alle Leute, ob Einheimisch oder Touristen, sind verrückt nach den Fellbündeln. Schon im überfüllten Shuttle-Boot vom Flughafen (Bertha ist der absolute Flughund – sie hat den ganzen Flug über geratzt und gegähnt) zum Canale Grande wurde Bertha bestaunt, belächelt, begrinst, beknipst, betatscht und befüttert. Bertha in Hundetasche und ich als unfreiwilliger Hintergrund sind nun Völker verbindende, digitale Urlaubserinnerung für Franken, Schwaben, Briten, Franzosen, Amerikaner und Belgier.
Kaum in Venedig angekommen, ging das Theater um den Hund weiter. Egal ob Markusplatz, Seufzer- oder Rialto-Brücke: Der Hund wurde fotografiert, fotografiert und noch mal fotografiert. Ich war versucht, drei Euro in ein Original-Venezia-Puppen-Strohhütchen zu investieren, um mit Bertha als Fotoattraktion vor dem Campanile die horrenden venezianischen Cappuccino-Preise wieder reinzuholen. Ich sage nur 8,50 Euro für eine Tasse Kaffee im Café Florian.
Unser wirklich schönes und ruhiges Hotel lag nahe einem öffentlichen Park. Ja, richtig gelesen, es gibt auch Grünanlagen und Bäume in Venedig. Dort haben wir mit unseren vorbildlichen Hundetütchen bei italienischen Haltern nebst Hunden für Furore gesorgt. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, dass unsere Einsammelaktionen mehrfach filmisch von den allgegenwärtigen Handys festgehalten wurden.
Nach unserem Venedig-Aufenthalt fuhren wir in die Toskana. Tja, und da ging das gleiche Spiel von vorne los: Bertha wurde fotografiert, fotografiert …
Fazit:
- Venedig ist absolut Hunde tauglich
- Zwei Tage Venedig reichen völlig
- Venedig riecht im Mai wie New York im August
- Die Leute stehen auf alles, was eine feuchte Schnauze hat
- Es gibt Parks und Bäume in Venedig
- Die italienischen Hundebesitzer halten nichts von Tütchen
- Das „Il milion“ ist mies, auch wenn Restaurant-Führer Ihnen was anderes weiß machen wollen
- Frau Schulz muss in einem anderen Venedig gewesen sein